Von Franziska Jäger
Tiefe Stille herrscht an diesem Morgen. Durchbrochen wird sie lediglich vom Muhen der Rinder von Familie Weilbacher. Kaum hat man die Fensterläden geöffnet, dringen der Duft frischer Wiesenluft und vereinzelte Sonnen- strahlen ins Zimmer, die sich langsam durch die grauen Wolken kämpfen. Es ist erst acht Uhr, aber die Bewohner des Bauernhofs « Au Ban de la Roche », der über dem kleinen Bergdörfchen Bellefosse thront, sind schon lange auf den Beinen. In der Küche wird der Rucksack mit Proviant gefüllt, 25 Kilometer bergauf und bergab stehen auf dem Programm – mit dem Fahrrad.
Leben auf dem Bauernhof
Bis in den Herbst hinein lässt sich das Bruche Tal im Elsass auf besondere Weise entdecken. Das E-Bike ist hier nämlich schon fest etabliert. Besonders bergige Abschnitte sind dank des Fahrrads mit Elektroantrieb mühelos zu bewältigen. Das lohnt sich, denn es gibt viel zu entdecken: den besten Confiturier Frankreichs, einen Postboten, der zu Hause seinen eigenen Käse herstellt, herzhaftes Essen bei einer Rinderzüchterin und fürstliche Entspannung im Spa von Colroy-la-Roche. Aber der Reihe nach.
Mit seiner Vogesenkulisse und einer stark französisch geprägten Kultur ist das Bruche Tal ein etwas ungewöhnliches Motiv in der traditionellen Postkartenidylle des Elsasses. Doch die elsässische Lebensart ist auch hier lebendig. Oft werden nur Colmar, Strasbourg, Mulhouse und die Weinstraße mit dem Elsass assoziiert, als wäre die Region damit abgehakt. Dabei wäre das doch zu schade. « Viele Gäste aus Luxemburg, Strasbourg und Belgien kommen des guten Essens wegen ins Bruche Tal », erzählt eine Mitarbeiterin der Touristeninformation in Schirmeck. Doch auch die Natur des Tals kann sich sehen lassen. Am Schnittpunkt von Elsass und Lothringen, im Herzen der Vogesen, erheben sich die höchsten Gipfel des Unterelsasses inmitten von stillen Wäldern, Wiesen und Weiden. Durch die Gebirgslandschaft fließt gemütlich der Bach Bruche, der das Sandsteingebiet der nördlichen Vogesen vom Granitgebiet der Hochvogesen scheidet. Ihm verdankt das Tal seinen Namen.
Im Osten wird das Bruche Tal auf 1099 Metern von der Granithochebene des Champ du Feu begrenzt, im Westen durch den 1009 Meter hohen, in den Sandsteinvogesen gelegenen Gipfel Donon. Das von Saâles bis nach Urmatt reichende Tal gehört zum Mittelgebirge der Vogesen und beherbergt eine Vielzahl schützenswerter Biotope sowie eine Reihe einzigartiger Naturhighlights. Nadelholzwälder wechseln sich mit Hochmooren, sanften Talmulden und Hochweiden ab, auf denen Wanderer besonders schöne Naturflecken entdecken können: Felsformationen aus Bundsandstein in Mutzig, die Steinpforte in Lutzelhouse, Bergmassive wie den Climont oder den Voyemont, rieselnde Bäche und die Wasserfälle von La Serva und Nideck.
Radeln mit dem kleinen Schub
Um die Natur so richtig zu riechen und die Vögel singen zu hören, lohnt es sich, ein E-Bike auszuleihen. Die Fahrräder, auf denen Touristen und Einheimische seit 2013 durch das Elsass fahren, sind mit einem Akku und einem Elektroantrieb ausgestattet. Auf bis zu 24 Kilometer pro Stunde kann man mit ihnen beschleunigen. Der Akku reicht für 40 bis 60 Kilometer, was davon abhängig ist, wie oft man den Elektroantrieb benutzt. Falls es mal knapp werden sollte, kann der Akku unterwegs auch an extra eingerichteten Stationen ausgetauscht werden.
Im Oberen Bruche Tal zieht sich ein Rundweg von Schirmeck aus über 77 Kilometer durch Wiesen und Wälder hin. Heute stehen aber nur 25 Kilometer auf dem Plan. Los geht es in Bellefosse, gut gestärkt nach einem einfachen, aber reichhaltigen Frühstück bei Frau Weilbacher. Die Elsässerin bewirtschaftet ihren Bauernhof Au Ban de la Roche zumeist allein, denn ihr Mann arbeitet im Europaparlament in Strasbourg. Einsam muss sie sich aber nicht fühlen: Auf der Wiese steht ihre Rinderherde, deren Fleisch und Milch den Gästen eine herzhafte und erschwingliche Verpflegung bescheren.
Auf dem E-Bike rollt es sich bequem und flott durch das Tal. Ein Gefühl von Freiheit macht sich breit, wenn man auf den Radwegen durchs Tal fährt, vorbei an Ginster, Birke, Spitzwegerich und Rotklee. Die Zeit scheint stillzustehen im Dörfchen Stampoumont, das im typischen Vogesenstil gebaut ist. Man wohnt hier massiv, schlicht und gedrungen und seit Generationen unter einem einzigen Dach: Mensch und Vieh, vereint zwischen Strohdächern und Dorfbrunnen. Keine Autobahn kreuzt die Landschaft, kein Zug erreicht den malerischen Ort. Nur eine Landstraße schlängelt sich durch Stampoumont, das dem Dorf Ranrupt angegliedert ist.
Geheimnisvoller Munster
Nach etwa 20 Minuten erreicht man Salsée, einen weiteren Ortsteil von Ranrupt. Hier wohnt Simon Kieffer, der in seinem Wohnzimmer Käse herstellt. Eigentlich ist Kieffer Postbote, aber seit er Käse macht, verteilt er nur noch halbtags Briefe. Kaum ist man in sein Haus getreten, bemerkt man schon den strengen Geruch im Nebenzimmer. Hier gießt Kieffer geronnene Milch mit der Kelle in runde Formen, die darin später zu der Käsespezialität Tomme reifen wird. Den Munster, den Kieffer auch herstellt, müsse er zwar jeden zweiten Tag waschen, aber er sei viel leichter herzustellen als der Tomme. Eigentlich wollte Kieffer früher Schafhirte werden, fing dann als Postbote an und verbrachte schließlich ein Jahr in einem Kloster, in dem die Mönche die Käse herstellten. Später schickte seine Mutter ihm immer wieder Artikel über das Käsemachen. 2006 fing er dann damit an, den Käse herzustellen, den er heute auf dem Markt verkauft. In der Wohnstube nebenan liegen sechs runde Käseräder zum Reifen auf der Sofalehne. Überhaupt scheint das ganze Leben des 32-Jährigen mit seinem Käse zu verschmelzen. Der junge Mann wirkt sehr sicher in seinem Tun, scheint seine Bestimmung gefunden zu haben.
Auf der Straßenseite gegenüber verkauft Fabrice Krencker, der zum besten Confiturier Frankreichs gewählt worden ist, seine süßen Kreationen. Seit 29 Jahren stellt Krencker mit seiner Frau Agnès die « Confitures du Climont » her, die er auch nach Deutschland exportiert. Die Früchte kommen aus den Gärten regionaler Obstbauern und manchmal bringt auch Krenckers Familie ihr Obst vorbei. 32 Sorten stehen in den Regalen des kleinen Ladens, in dem Besucher freundlich empfangen werden und alle Zeit der Welt haben, sich durch das bunte Sortiment zu probieren. Wer hätte gedacht, dass Löwenzahn mit Zitrone und Orange derart gut schmecken kann? Fabrices Lieblingskonfitüre ist aber « Grüne Tomate ». In der Cheneaudière in Colroy-la-Roche angekommen, nur wenige Kilometer von dem Konfitürelädchen von Fabrice Krencker entfernt, kann man sich dann endlich von den Strapazen der Fahrradtour erholen. Das Spa gehört zu der bekannten Hotelkette Relais & Châteaux und bietet auf 2000 Quadratmetern puren Luxus. Doch auch zwischen Swimmingpool und Massagebänken wird man das Bruche Tal kaum vergessen: Die hauseigene Kosmetiklinie duftet nach den Wäldern, Wie- sen und Kräutern des Elsasses.
Erschöpft, erholt und gut genährt nach einem ereignisreichen Tag kann man dann abends die Fensterläden mit der Herzbemalung bei Frau Weilbacher glücklich zuklappen. Träume voll duftender Wiesen, Berggipfel und Munster auf der Sofalehne inklusive.
Une visite récente (15 juillet) au Kiez Kanal m’a laissé plus que dubitatif sur l’intérêt de cet endroit. Entre la propreté générale douteuse, l’exiguité des tables et l’affirmation du serveur m’assurant que le choux blanc braisé qu’il m’avait servi en accompagnement des mes Nürnbergerbratwürste était bien une choucroute traditionnelle telle que servie en Bavière, je ne peux que recommander de passer son chemin !