Manuel Fritsch

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Klimaschonend produzieren in Paris


mercredi 16 décembre 2015
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Verschiedenste Betriebe in Paris haben heute schon Maßnahmen ergriffen, um ihre Produktion umweltverträglicher zu gestalten. Diese sind so vielfältig wie die Firmen selbst. Drei Initiativen zu umweltschonender Produktion stellen wir hier vor.


Während sich im Norden der Stadt Delegierte aller Länder letztendlich auf ein Klimaabkommen einigen konnten, haben andernorts in Paris Unternehmen schon länger an Möglichkeiten gefeilt, ihre Produktion umweltverträglicher zu gestalten. Das reicht von "grünen" Stadtteilen, so genannten "Ecoquartiers", die versuchen, den gesamten Alltag ihrer Bewohner klimagerecht zu gestalten, bis zu Veränderungen in einzelnen Produktionssparten. Für die Île-de-France hat Ademe, eine öffentliche Agentur, die nachhaltiges Wirtschaften unterstützt, einige Beispiele vorgestellt, die die Vielzahl der Möglichkeiten und Initiativen in der Region vorstellen sollen. Paris, so die Botschaft, das sind eben nicht nur Smogalarm und die meistbefahrenste Autobahn in Europa.


 
In Paris finden sich auch Betriebe wie die Ferme de la Tremblaye von Henri Cazajus. Der gelernte Viehzüchter leitet eine Käserei in Rambouillet, eine halbe Bahnstunde vom Pariser Gare Montparnasse entfernt, einer der ersten Betriebe im Großraum Paris, der energieautonom arbeitet.
Für die Käserei war der Gedanke an den Klimaschutz allerdings zuerst einmal zweitrangig. "Nachhaltiges Wirtschaften braucht drei Pfeiler", so Cazajus. "Es muss gesellschaftlich gewollt sein, die Umwelt berücksichtigen, aber auch ökonomisch sinnvoll sein. Sonst bringt auch scheinbar nachhaltiges Wirtschaften nichts." Ökonomisches Kalkül stand bei ihm am Anfang. Um unabhängig von Heizöl zu werden, kaufte Cazajus 2006 einen Holzofen, 2012 kam eine Biogasanlage hinzu. Seitdem versorgt der Betrieb sich fast vollständig selbst. Das Holz kommt größtenteils aus dem eigenen Wald, die Biomasse von den eigenen Tieren.
Über 20 Tonnen Mist werden täglich verarbeitet. Durch deren Zersetzung entstehen Methangas und Wärme. Mit dem Gas wird ein Motor angetrieben, der Elektrizität für 600 Haushalte erzeugt. Durch die Wärme wird die Fermentierung der Milch gestartet. So bedient der Betrieb einen Kreislauf, in dem nichts ungenutzt bleibt. Noch die Reste dienen als Dünger auf den eigenen Feldern. Anders als in Deutschland, dem europäischen Spitzenreiter bei der Biogasproduktion. "Die Deutschen bauen Mais an, um ihn zu Biogas umzuwandeln." Dabei entstehe aber kein Kreislauf, man produziere nur, um Gas zu erzeugen. "Unsere Methode ist da viel sinnvoller: Man lässt die Pflanzen erst durch eine Kuh hindurchgehen und produziert so nebenbei noch Milch und Fleisch."
Die Milch wird in Rambouillet in verschiedene Käse umgewandelt. Ein Rohmilch-Camembert, verschiedene Ziegenkäse und als besondere Spezialität: der Saint Jacques mit Salbei. Dabei beweist der Betrieb, dass umweltgerechtes Produzieren und Rentabilität vereinbar sind. Seine Käse findet man folgerichtig auch in großen Pariser Supermärkten. Für Cazajus ist seine Produktionsmethode eine Notwendigkeit. "So wird 2025 der durchschnittliche französische Bauernhof aussehen", da ist er sich sicher.




 
Bei anderen Unternehmungen ist solche Rentabilität noch nicht gegeben. Früh um halb acht ist auf dem Quai an der Pont de l'Alma schon einiges los. Ein großer fahrbarer Kran verlädt Container von einer Fähre auf Lastwagen. Jeden Morgen werden so etwa 50 Geschäfte der Supermarktkette Franprix innerhalb von Paris beliefert. Mit der Anlieferung per Fähre umgeht das Unternehmen auf dem Weg von ihrem zentralen Umschlagplatz in die Stadt hinein die stauanfällige Stadtautobahn. Das reduziert sowohl das Verkehrsaufkommen als auch die Lärmbelastung für die Pariser. Pro Jahr spare man so 7000 Lastwagen und 280 000 Kilometer auf der Straße. Allerdings ist der Transport auf der Seine doppelt so teuer wie der per LKW, wie man von Seiten von Franprix erfährt. Selbst mit den weitreichenden staatlichen Subventionen zahle das Unternehmen immer noch 50 % mehr. Der große Vorteil an der Lieferung auf dem Fluss sei aber die Planungssicherheit, weshalb Franprix die höheren Kosten in Kauf nehme: "Wenn wir keine LKWs haben, die im Stau steckenbleiben können, dann müssen unsere Kunden sich auch nicht mit Paletten in den Gängen herumschlagen, die zu spät geliefert wurden." Es komme darauf an, die Auslastung der Fähren zu optimieren, dann würde auch die Rentabilität gesteigert. Man sei hier eben noch in der Versuchsphase.

In der Versuchsphase befindet sich auch die Kosmetikmarke Guerlain. "Als wir eine Aufstellung darüber machten, welcher Teil unserer Produktion am meisten zum CO2 Ausstoß beiträgt, waren wir überrascht zu sehen, dass der Transport mit 42 % den Großteil verursacht", erklärt Sandrine Sommer, Verantwortliche für nachhaltige Entwicklung bei Guerlain. Also haben sie in Zusammenarbeit mit Renault Trucks und dem Logistikunternehmen Speed Distribution Logistique ein Pilotprojekt gestartet. Seit inzwischen 18 Monaten werden die 17 Pariser Boutiquen von Guerlain ausschließlich durch einen elektrischen Lastwagen beliefert und damit der CO2-Ausstoß auf ein Minimum reduziert.
Was simpel klingt, ist in der Tat ein kompliziertes Unterfangen. Die bisher verfügbaren Elektrotransporter von Renault können eine Last von bis zu zwei Tonnen transportieren. Der Lastwagen für Guerlain dagegen hat ein Ladevolumen von sechs Tonnen und kann die Strecke von Paris zu den knapp 100 Kilometer entfernt gelegenen Produktionsstätten in Chartres und Orphin problemlos zurücklegen. Damit sei er der größte elektrische Lastwagen in Europa, heißt es bei Renault. Die Firma sammelt mit dem Prototypen technische Daten und Praxiserfahrung, um wie geplant in fünf Jahren zur Kommerzialisierung schreiten zu können. Bisher wäre der Lastwagen zu teuer, vor allem die zwei Tonnen schwere Batterie schlägt zu Buche. Nach über einem Jahr in der Testphase gibt man sich auf allen Seiten zufrieden. Auch in den für Elektroautos schwierigen Wintermonaten habe man keine größeren Probleme zu verzeichnen gehabt.

Der Wandel der Produktionsmechanismen braucht Zeit und Erfahrung, um neue Wege zu testen und Alternativen zu entwickeln. Gerade auf lokaler Ebene gibt es viele Versuche in dieser Richtung und es existieren schon jetzt viele Modelle, in verschiedenen Branchen und verschieden weit entwickelt, die vormachen, dass Produktion nicht zwingend auf Kosten der Natur gehen und dass Naturschutz nicht unbedingt mit Entbehrung und Ineffizienz verbunden sein muss. Hier kann man den Klimaschutz, von dem in Paris so viel die Rede war, jetzt schon aktiv erleben.


Fotos: Manuel Fritsch
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