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1986 in Berlin geboren. Studium der Philosophie, Kunstgeschichte und Linguistik an der Freien Universität Berlin und an der École des Hautes Études en Sciences Sociales in Paris...

Biergarten Eden


Publié initialement le lundi 16 février 2015
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Deutschland investiert zunehmend in seine Tourismusbranche, während sich Frankreich auf seinen Lorbeeren ausruht. Das beliebteste Reiseland der Welt muss mittlerweile um seine Wettbewerbsfähigkeit kämpfen.












Seit 2012 registriert man in Deutschland jährlich etwas über 400 Millionen Übernachtungen im Tourismusgewerbe. Ein echter Grund zu feiern: Die Wirtschafts- und Finanzzeitung Handelsblatt sprach gar von "spektakulären Zuwachsraten" und verkündete "eitel Sonnenschein". Auch die Bundesregierung gab sich zufrieden und stufte die deutsche Reisebranche in ihrem Tourismuspolitischen Bericht 2013 als "hervorragend" ein. Frankreich hingegen blieb im letzten Jahr erneut knapp unter der 400-Millionen- Grenze und auch die Zahl der reisenden Franzosen nahm weiter ab. Doch was sagen die Zahlen wirklich? Gemessen an der Einwohnerzahl gibt es in Deutschland und Frankreich gleich viele Übernachtungen. Für ausländische Touristen bleibt Frankreich aber immer noch attraktiv: 2013 lag der Prozentsatz ausländischer Touristen bei über 30 %, in Deutschland hingegen bei nur knapp 20 %. Außerdem muss der geschäftliche vom privaten Tourismus unterschieden werden. So liegt Deutschland zwar seit 2010 auf Platz zwei (hinter Spanien und gefolgt von Frankreich) im Klassement der beliebtesten europäischen Reiseziele, doch das liegt nicht etwa an schöneren Campingplätzen oder Biergärten. Im europäischen Vergleich verbucht Deutschland vielmehr drei Mal so viele Geschäftsreisen wie Frankreich. Ungefähr 12 der 26 Millionen europäischen Besucher, die jährlich nach Deutschland reisen, kommen aus Geschäftsgründen. Die französische Schriftstellerin Sabine Aussenac meint dazu: "Wer, ja wer reist freiwillig nach Deutschland, ohne zu einem Kongress, einem Seminar oder von einem 'Geschäftspartner' eingeladen worden zu sein?"

Mehr Touristen nach Deutschland zu locken, die nicht wegen der blühenden Wirtschaft, sondern wegen der blühenden Landschaften kommen, ist das Ziel der Deutschen Zentrale für Tourismus (DZT). Die vom Bundesministerium mit 28,3 Millionen Euro geförderte Institution bemüht sich unter anderem um die Aufnahme deutscher Natur- und Kulturstätten ins UNESCO-Welterbe. Außerdem organisiert die DZT Themenjahre, Veranstaltungen und Jubiläen und setzt strategische Marketingschwerpunkte. Zum 25. Jubiläum des Mauerfalls nimmt sie unter dem Motto "Faszination Einheit" Naturlandschaften in den Fokus, die im Rahmen der deutschen Wiedervereinigung eine wichtige Rolle gespielt haben. In den kommenden Jahren will die DZT verstärkt auf Marketingkampagnen für ländlichen Tourismus setzen. Dieser sei 2013 um fast 40% gestiegen und könne noch weiter ausgebaut werden. "Eine Stärke, die das Reiseland Deutschland von anderen Ländern unterscheidet und die wir bewusst bewerben, ist die Vielfalt", betont Petra Hedorfer, Vorsitzende der DZT. Zusammen mit anderen Dachverbänden wie dem Deutschen Tourismusverband (DTV) und dem Bundesverband der Deutschen Tourismuswirtschaft (BTW) setzt sich die DZT auch für eine Stärkung des Wirtschaftsstandortes Deutschland ein und fungiert als Lobbygruppe für Unternehmen, die direkt oder indirekt vom Tourismus leben.Denn eine funktionierende Infrastruktur, die Wettbewerbsfähigkeit von Hotelzimmerpreisen oder niedrige Luftverkehrssteuern sind für das Gewerbe ebenso wichtig wie Qualitäts-, Öko- und Hygienesiegel.

Effizienz und Infrastrukturen

So lässt sich die touristische Attraktivität eines Landes nicht nur an Besucherzahlen, sondern auch an wirtschaftlichen Kriterien messen. Die schönsten Sehenswürdigkeiten nützen der Tourismusindustrie wenig, wenn kein Weg dorthin führt. Insgesamt agiert Deutschland weitaus effizienter als Frankreich und verdient an jedem Touristen durchschnittlich 1 240 Euro. In Frankreich sind es nur 647 Euro. Auch die Investitionen in die Tourismusbranche gehen in Frankreich zurück. Laut einer Studie von Atout France, dem französischen Äquivalent der DZT, sanken die Investitionen 2012 um 4%. Im Ranking des World Economic Forum, das die internationale Wettbewerbsfähigkeit in der Reise- und Tourismusbranche untersucht, ist Frankreich 2013 von Platz zwei auf Platz sieben abgerutscht und seitdem nicht mehr aufgestiegen. Die Autoren der Studie bemängeln unter anderem, dass Frankreichs Registrierungs- und Regulierungspolitik den Sektor nicht genug unterstütze und Investitionen aus dem In- und Ausland erschwere. Außerdem sei das Angebot an qualifizierten Arbeitskräften gesunken. Deutschland hingegen liegt im gleichen Ranking auf Platz zwei hinter der Schweiz. Vor allem gute Ökostandards, Umweltbewusstsein und Nachhaltigkeit in der Tourismusindustrie werden vom World Economic Forum lobend erwähnt.

In Frankreich hat das neu besetzte Tourismusministerium unter dem deutsch-französischen Staatssekretär Matthias Fekl Ende September 2014 eine Bekanntmachung veröffentlicht, in der es eine Erneuerung der Tourismusbranche ankündigt. "Die Natur und Anforderungen der Tourismusbranche verändern sich", betont der französische Außenminister Laurent Fabius, der an den sechsmonatigen Strategiesitzungen teilgenommen hat. Frankreich sei mit Riesenhotels und Skiressorts zu sehr auf Massentourismus eingestellt und vergesse dabei oft die Individualreisen, wie sie vor allem von der jüngeren Generation gern unternommen würden. Die Expertenrunde um Fabius kritisiert außerdem die mangelnde soziale Anerkennung von Unternehmern und Angestellten im Gaststätten- und Hotelgewerbe. "Dienstleistung" sei nicht mit "Dienerschaft" gleichzusetzen, heißt es im offiziellen Bericht. Im Tourismusgewerbe wolle man in Frankreich nicht mehr nur den ersten Platz bei den Besucherzahlen belegen, sondern zukünftig auch bei den Wirtschaftseinnahmen.
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Commentaire par S.JEAN
mardi 17 février 2015 21:00
Madame S. AUSSENAC sollte vielleicht denken bevor sie sich äussert. Alle Leute die ich kenne, die mal in Deutschland waren, waren begeistert. Sie finden es oft super schön. Berlin übertrifft dabei oft Paris, weil es trotz Hauptstadt total viele Grünflächen und Wasser gibt. Aber um so was zu erkennen, muss man seinen Geist öffnen und das kann halt nicht jeder.
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