Von Sylvia Schreiber
Japan, März 2011: Die Welt hält den Atem an, als ein Seebeben die Atomreaktoren von Fukushima zerstört. Japan steht am Abgrund einer nuklearen Katastrophe.
Berlin, Juni 2011: Noch einmal stockt der Welt der Atem. Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel kündigt das Aus des Nuklearstroms in Deutschland an. Mit einer Atomwende sollen bis zum Jahr 2022 alle Kernkraftwerke stillgelegt sein, ab 2050 soll der Strom nur noch aus erneuerbaren und sauberen Energiequellen kommen – aus Biomasse, Wind und Sonne.
„Ich habe eine neue Bewertung vorgenommen“, verkündete die Kanzlerin und Physikerin Merkel unter der Schockwirkung von Fukushima im Deutschen Bundestag. Das Unglück habe gezeigt, „dass die Risikotechnologie Atomkraft nicht sicher beherrschbar“ sei. Ruckartig wurde Deutschland mit diesen Worten ins Ökozeitalter katapultiert. Modernste saubere Energietechnologien sollten zu seinem Markenzeichen werden, das Industrie- und Exportland zu einem Musterschüler in Sachen Ökoenergien.
Jetzt ist die Halbzeit der angekündigten Ökorevolution schon vorbei. Doch je näher die Ausstiegsdaten rücken, desto deutlicher wird, dass Merkels jähe Atomwende noch lange keine nachhaltige Energiewende ist. Trotz des hochsubventionierten Aufbaus von 27 000 Windkraftparks und 1,6 Millionen Solaranlagen stagniert Deutschland bei den Klimazielen – seit zehn Jahren gehen die klimaschädlichen Treibhausgase im Land nicht zurück. Der Grund: Neben den ständig steigenden Verkehrs- und Produktionszahlen kommt die Stilllegung von Stein- und Braunkohlekraftwerken, die Hauptklimakiller, nicht voran; der Ausbau von neuen Netzen für die nachhaltigen erneuerbaren Energien erweist sich als extrem teuer oder nicht machbar.
„Der Energiewende geht die Luft aus“
Schon spricht die Tageszeitung Die Weltdavon, dass der „Energiewende die Luft ausgeht“. Führende Wirtschaftsprofessoren sprechen von einem „teuren Energie-Irrweg“. Und die Schweizer NZZbemängelt den „verlorenen Zauber“ der Ökowende, deren „Erfolgsmeldungen nur noch wie Durchhalteparolen“ klängen.
Dabei gibt es durchaus Fortschritte: An Gutwettertagen ersetzt in deutschen Landen der Ökostrom den Atomstrom manches Mal schon vollständig. Doch wenn weder die Sonne scheint noch der Wind weht, muss die Energie aus der Steckdose zu 100 Prozent aus sogenannten „Back-ups“ – konventionellen Kohle-, Öl- und Gaskraftwerken, die wegen der Volatilität des grünen Stroms das ganze Jahr über vorgehalten werden müssen – gewonnen werden. Doch weil diese über weite Strecken nicht oder nur gering ausgelastet sind, laufen für den Stand-by-Betrieb überproportional hohe Kosten auf; das Geld fehlt für Investitionen andernorts.
Sorgen macht den Energiefachleuten auch der sogenannte „Flatterstrom“, überschüssiger Ökostrom an ertragreichen Tagen, der für starke Schwankungen und Überschüsse in den Energienetzen sorgt. Wollte man ihn sinnvoll verwenden – und nicht zu Schleuderpreisen an die Nachbarländer abgeben – müssten Speichermöglichkeiten in Pumpkraftwerken oder Elektrobatterien her.
Doch daran mangelt es in Deutschland stark. Mit dem Speicherausbau ist unmöglich nachzukommen, wie kürzlich eine Studie des ehemaligen Präsidenten des IFO-Wirtschaftsinstituts, Hans-Werner Sinn, nachwies: Zum Abpuffern des überschüssigen Ökostroms würden über 20 000 Pumpspeicherwerke gebraucht. Das ist etwa das 400-Fache der von der EU-Kommission für Deutschland errechneten Maximalanzahl. Vorhanden sind derzeit gerade einmal 35 Pumpspeicherwerke auf deutschem Gebiet. Jeder weitere Ausbau wird von Natur- und Umweltschützern aggressiv bekämpft. Ebenso errechnete der Wirtschaftsprofessor eine dreistellige Millionenzahl von Elektrofahrzeugen, um die Überschuss-Elektrizität in deren Batterien abzuspeichern. Illusorisch.
Ein weiterer Blick hinter die klangvollen PR-Worte und polierten Zahlen ernüchtert: Selbst wenn im Jahr 2050 deutscher Strom atomfrei und zu 100 Prozent aus Sonne und Wind generiert würde, wäre damit die Energiewende in Wahrheit nur zu 20 Prozent geschafft. Unter dem Saubere-Energien-Etikett ist nämlich nur die Stromerzeugung zusammengefasst. Nicht berücksichtigt sind die Energiequellen für Heizung und Transport. Diese machen ganze 80 Prozent des Gesamtenergiebedarfs aus – und werden noch lange aus klassischen fossilen Quellen wie Öl, Kohle oder Gas gespeist werden müssen. „Von der Dekarbonisierung Deutschlands ist man weit entfernt“, schreibt Die Weltüber die Wahrheit der Wende.
Während das Atomstromland Frankreich im internationalen Klimaschutzranking unter 58 Ländern im vergangenen Jahr den Spitzenplatz eroberte, ist Deutschland zwischen 2007 und 2017 von Platz zwei auf Platz 26 abgerutscht. Ausgerechnet nach dem Start ins deutsche Ökoenergiezeitalter büßte das Land seine Klima-Vorreiterrolle ein. Es liegt dabei nur noch im Mittelfeld. „Da ist auch ein sehr großer Verlust an Glaubwürdigkeit auf der internationalen Bühne“, warnt Klimaforscher Mojib Latif vom Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung in Kiel. „Deutschland wird so nicht mehr ernst genommen. Es kommt nicht gut an, wenn jemand etwas groß ankündigt und es dann nicht hält.“
Wende ohne Technik-Strategie und haltlose Thesen
Es sieht so aus, als habe Merkels Restlaufzeit mit der von ihr durchgepeitschten Atomwende begonnen. Immer deutlicher zeichnet sich ab, dass dem abrupten Beschluss der naturwissenschaftlich vorgebildeten Regierungschefin keine ausgereifte Technik-Strategie zugrunde lag. Vieles beruhte eben nur auf haltlosen Thesen. „Euro-Krise, Energiewende, Grenzöffnung: Dreimal hat die Kanzlerin planlos gehandelt und gravierende Fehler gemacht“, schrieb Philip Plickert, Autor der konservativen Frankfurter Allgemeinen Zeitungüber Merkels Amtszeit bereits im vergangenen Sommer.
Selbst wohlmeinende Linke bezweifeln inzwischen die Erreichbarkeit der deutschen Öko-Ziele. Schon ist die Halbzeit der Atomwende vergangen. Angesichts von Stagnation und verfehlten Zielmarken sagt der Chef der deutschen Gewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie (IG BCE), Michael Vassiliadis jetzt: „Wir müssen uns mehr Gedanken über die Alternativen zu den Alternativen machen.“
Une visite récente (15 juillet) au Kiez Kanal m’a laissé plus que dubitatif sur l’intérêt de cet endroit. Entre la propreté générale douteuse, l’exiguité des tables et l’affirmation du serveur m’assurant que le choux blanc braisé qu’il m’avait servi en accompagnement des mes Nürnbergerbratwürste était bien une choucroute traditionnelle telle que servie en Bavière, je ne peux que recommander de passer son chemin !