Moritz Pfeifer

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vendredi 26 février 2016
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Das Geschäft mit der Angst: Wie französische Firmen an der Einwanderungswelle verdienen.


© Max PPP - Nake Batev
Wenn über Migration und Business gesprochen wird, dann geht es meistens um die unüberschaubar hohen Summen, die von Schleusern umgesetzt werden. "Europa stärkt den Handel mit Migranten", empörte sich Premierminister Manuel Valls im Herbst 2015 bei einem Besuch in Calais und forderte gleichzeitig mehr Sicherheit, Überwachung und Kontrollen. Doch die Erträge, die Schleuser durch die Kosten illegaler Routen nach Europa erzielen, fallen weit hinter den Einkünften der Sicherheitsindustrie zurück. Laut den Recherchen von Migrants' Files waren von 2000 bis heute allein die Ausgaben (13 Milliarden Euro) für Abschiebungen fast so hoch wie die Erträge der Schleuser (16 Milliarden Euro). Die EU-Kommission schätzte den europäischen Sicherheitssektor 2015 auf 191 Milliarden Euro, mit einer Wachstumserwartung von 10 % für die kommenden zehn Jahre. Mehr illegale Migration und die damit häufig verbundene Angst vor Terroristen, füllen vor allem die Kassen multinationaler Sicherheitsunternehmen.
Mit Firmen wie Dassault, Thales, Engie und Safran, hat Frankreich einen der größten Sicherheitsmärkte der Welt. Frankreich ist Marktführer in der Herstellung biometrischer Passkontrollsysteme. Doch auch der Überwachungssektor boomt. Trotz Finanzkrise ist das Tochterunternehmen Cofely Ineo der Gruppe Engie von 2007 bis heute, um fast 600 % gewachsen: von 9 auf 60 Millionen Euro. Unter der Regierung Sarkozy erhielt die Firma den ertragreichen Auftrag, hunderte französische Städte mit Überwachungskameras auszustatten, die, laut einer vom Innenministerium beauftragten Studie von 2009, "auch der Erfassung illegaler Einwanderer und der Identifikation von Schleusern dienen". In der Vermarktung wird Schutz vor Kriminalität und Terrorismus nicht selten mit Sicherheitsmaßnahmen gegen illegale Einwanderung gleichgestellt.

Auch auf EU-Ebene bieten sich französischen Großunternehmen reichlich Aufträge an. "Ohne gemeinsame Verteidigungspolitik werden wir nicht das nötige Gewicht in der Welt haben. Dazu müssen wir unseren Verteidigungs- und Sicherheitssektor stärken", erklärte José Manuel Barroso 2013. Ziel der EU ist es, die europäische Sicherheitsindustrie wettbewerbsfähiger und effizienter zu machen. So werden seit 2007 unter dem 7. Forschungsrahmenprogramm (heute Horizon 2020), mit einem Gesamtbudget von 1,4 Milliarden Euro dutzende profitbringende Projekte durch öffentliche Gelder finanziert. Im EU-Projekt Oparus versammelt sich beispielsweise die französische Rüstungs- und Raumfahrtindustrie, um Drohnen für Kontrollen an Land- und Seegrenzen zu entwickeln. Die Kosten: 1,19 Millionen. Der damalige EU-Kommissar für Justiz, Freiheit und Sicherheit Franco Frattini sagte: "Sicherheit ist kein Monopol mehr, sondern ein Gemeinwohl, dessen Verantwortung und Durchführung von privaten und öffentlichen Akteuren geteilt werden muss".
© Bafoil

In der Zusammenarbeit mit dem privaten Sektor schwindet jedoch die Zuordnung der Verantwortlichkeit. Der delegierende Staat ist nicht mehr verantwortlich für die von privaten Auftragnehmern verursachten Missstände. Ein Beispiel dafür sind die vom französischen Gefängnisbetreiber Gepsa, eine weitere Filiale von Engie, verwalteten Abschiebehaftanstalten in Italien. 2010 war die Firma, für 11,5 Millionen pro Jahr, zunächst nur für zwei Einrichtungen zuständig. Menschenrechtler und Anwälte beschreiben die Bedingungen in den Lagern als unmenschlich und entwürdigend. Für Anwalt Maurizio Veglio, der sich am International University College of Turin für die Rechte von Migranten einsetzt, stehen die Unterhaltungskosten der Abschiebehaftanstalten in keinem Verhältnis zu deren potenziellem Nutzen. Tatsächlich wird nur ein Bruchteil der inhaftierten Migranten ausgewiesen. Trotz dieser Kritik erachtet das Innenministerium in einem Bericht von 2013 diese Anstalten für "unabdinglich". Seit Anfang 2015 hat Gepsa das Italienische Rote Kreuz abgelöst und verwaltet nun alle Einrichtungen in Italien.
 
Transport, Küche und Wäscherei
 
Auch Kleinunternehmen haben längst Wind bekommen, wie sie durch die Migrationskrise ihre Erträge steigern können. Architekten und Bauunternehmer werden benötigt, um Abschiebe- und Aufnahmelager zu errichten, Dienstleistungsunternehmen unterhalten die Einrichtungen (Küche, Service, Reinigung und Wäscherei), Transportunternehmen schicken Migranten ins Heimatland zurück, Flughafenhotels gewähren ihnen vor ihrer Heimreise Unterkunft. Es gibt kaum einen Wirtschaftszweig, der nicht von der Migrationskrise betroffen ist. Selbst Übersetzungsunternehmen vermelden Wachstumsaussichten. Der Sektor steigt jährlich um 5 %, was nicht zuletzt der wachsenden Nachfrage von Zuwanderern geschuldet ist.
Die Migrationskrise legt, wie kaum eine andere Situation, einen Interessenkonflikt zwischen wettbewerbsbedingtem Wachstum, humanitärer Krisenbewältigung und politischer Verantwortung offen. Sicherheitsunternehmen erhalten staatliche Großaufträge mit dem Ziel, Migranten davon abzuhalten, nach Europa zu kommen. Doch technologie- und preisaufwendige Drohnen, Überwachungskameras, biometrische Kontrollsysteme und Abschiebehaftanstalten tragen nur geringfügig dazu bei, den Ansturm zu mindern. Gleichzeitig fehlt das Geld, die Zivilgesellschaft in ihrem Bemühen zu unterstützen, Migranten eine würdevolle Unterkunft bereitzustellen, sie mit Essen zu versorgen oder ihnen die Sprache ihrer neuen Heimat beizubringen. In einem Klima wachsender Angst vor Fremden, werden Sicherheitsfirmen wohl weiterhin für eine eher symbolträchtige als für eine zweckmäßige Rolle bezahlt. Die Wachstumsaussichten, da sind sich Investoren einig, sehen fabelhaft aus.   
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