Von Maike Daub

 

Seit 1990 ist Vittel Teil der Gruppe Nestlé Waters. Das Unternehmen mit Sitz in der Schweiz steht seit langem in der Kritik, auch in (wasser-)armen Regionen das blaue Gold abzufüllen und anschließend zu verkaufen – sodass sich die lokale Bevölkerung es sich teilweise nicht mehr leisten kann. Nun ist die Image-Krise auch in Europa angekommen: In einer Frontal21-Reportage des ZDF wurde berichtet, dass dem französischen Kurort nach und nach das Wasser ausgeht.

 

Neu ist das Problem jedoch nicht, denn in den letzten 40 Jahren ging der Wasserspiegel in Vittel um zehn Meter zurück. Nestlé weist die Schuld daran von sich und betont, dass sie ihren Wasserkonsum in den letzten Jahren bereits reduziert hätten und mit 750 Millionen Liter pro Jahr nur drei Viertel der erlaubten Menge abpumpen würden. Stattdessen stünden auch die Anwohner in der Pflicht.

 

Den städtischen Trinkwasserbrunnen ziert schon länger ein Schild mit der Aufschrift „Bitte nur sechs Flaschen pro Tag abfüllen“. In dem ZDF-Beitrag schildert ein ansässiger Schäfer, dass die Stadt in den trockenen Sommermonaten bereits mit Tanklastern Wasser aus den Nachbarregionen anschaffen müsse. Nestlé hat nun den Vorschlag gemacht, die lokale Wasserversorgung über kilometerlange Pipelines sicherzustellen, anstatt sie weiterhin aus den Quellen direkt unter der 5000-Seelen-Gemeinde zu speisen. Wer das bezahlen sollte, ist dabei noch unklar.

 

Die ZDF-Reportage hat Menschen und Medien schockiert, schnell war die Rede von einem „Watergate“. Maurizio Patarnello, Geschäftsführer von Nestlé Waters, muss nun versuchen, Schadensbegrenzung zu betreiben und das Image des Unternehmens zu retten. Er hat angekündigt, in Zukunft alle Nestlé-Werke auf der Welt (95 Abfüllanlagen in 34 Ländern) mit dem Standard der Alliance for Water Stewardship (AWS) zertifizieren zu wollen. Die Vergabe des Siegels erfolgt unter anderem durch Umweltorganisationen wie dem WWF nach sozialen, ökologischen und ökonomischen Kriterien. Bis jetzt sind nur acht der Nestlé-Werke damit ausgezeichnet. Außerdem betont das Unternehmen den Erfolg des Agrivair-Programms, das Nestlé vor über 25 Jahren in Vittel ins Leben gerufen hat, um die Wasserqualität zu schützen. Nestlé, Großgrundbesitzer der Region, unterstützt darin zum Beispiel ansässige Landwirte dabei, ohne Pestizide auszukommen, die die Wasserqualität verschlechtern könnten. Am Problem der Wasserknappheit rüttelt das Programm jedoch nicht.

Par Redaktion ParisBerlin le 2 juillet 2018