Christina Heuschen

Erst Sex und dann die große Liebe?


dimanche 21 février 2016
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Mit Drôle de Félix gewannen Oliver Ducastel und Jacques Martineau bereits 2000 den Teddy-Award. Nun haben sie mit der außergewöhnlichen Liebesgeschichte Théo et Hugo dans le même bateau auf der Berlinale den Teddy Publikumspreis gewonnen.


Maxence Germain © Ecce Films



Zwei junge Männer laufen durch die Pariser Nacht, unterhalten sich. "Ich möchte dich küssen und dir gleichzeitig eine reinhauen", sagt Théo (Geoffrey Couët). Irgendwie fühlt er sich zu Hugo (François Nambot) hingezogen und doch gibt es da ein Problem.
Théo et Hugo dans le même bateau ist die Geschichte zweier junger Männer, die sich in einem Pariser Sexclub kennenlernen. Doch nach ekstatischer Sex kommt der Schock: Sie hatten ungeschützten Geschlechtsverkehr und Hugo ist HIV positiv. Kurzerhand finden sich die beiden in einer Notaufnahme wieder und Théo erhält ein Notfallkit gegen eine mögliche HIV-Infektion.

Ein etwas anderer Filmbeginn

Wie Oliver Ducastel und Jacques Martineau die Liebesgeschichte der beiden Männer in ihrem neuesten Film erzählen ist wunderbar. Denn gleich zu Beginn räumen sie mit der klischeehaften Vorstellung einer Liebe im Film auf. Stöhnen, viele nackte Körper, Sex in den unterschiedlichesten Stellungen und dazu dröhnende Musik: In den ersten 20 Minuten von Théo et Hugo dans le même bateau verfolgt der Zuschauer das Geschehen in den Darkrooms eines Pariser Clubs. Und dennoch ist diese Sexszene nicht pornografisch. Sie zeigt ein Bild des Begehrens, der Leidenschaft.
Auch als die beiden den Club gemeinsam verlassen, geht es für einen Liebesfilm außergewöhnlich weiter: Plötzlich halten die Protagonisten mitten auf der Straße an und eine Diskussion über Safer-Sex beginnt. Grundlegende Fragen rund um das Thema Aids und HIV werden aufgeworfen: Wie verhält man sich, wenn man sich möglicherweise infiziert hat? Und wer ist eigentlich Schuld? Théo und Hugo geben sich selbst und gleichzeitig doch auch dem anderen die Schuld.

Liebe in Echtzeit

Und so bleibt es nicht bei einer rein physischen Anziehung. Denn obwohl die Théo und Hugo sich unter ungewöhnlichen Umständen kennenlernen, werden ihre Gefühle immer stärker. Sie verlieben sich ineinander. Unfähig voneinander loszulassen, laufen sie durch die Nacht im Osten von Paris. Sie suchen nach einem Ort, an dem sie zu der frühen Stunde etwas essen können, nehmen die erste Métro an der Station Stalingrad und enden in einer kleinen Wohnung in der Nähe von Anvers. Dass die schnell aufkeimende und starke Nähe der beiden Protagonisten glaubwürdig rüberkommt, liegt vor allem auch an den beiden großartigen Schauspielern Geoffrey Couët und François Nambot. Sie schaffen es, in einfachen Dialogen, mit Blicken und Gesten diese ungewöhnliche Intimität zu vermitteln.
Gleichzeitig unterstreichen lange Kameraeinstellungen und fehlende schnell aneinander geschnittene Szenen die Melancholie des Films und heben die Spannung des Moments hervor. Und so erlebt der Zuschauer eine Liebe in Echtzeit - ohne Ellipsen oder andere künstliche Filmmittel. Dass die Gespräche mit einem Imbissbesitzer aus Syrien und einer älteren Dame in der Métro ein wenig unmotiviert wirken, darüber kann der Zuschauer getrost hinwegsehen.
Vom leidenschaftlichen, aber gefährlichen Kennenlernen bis zum möglichen Beginn einer Beziehung: Der Film Théo et Hugo dans le même bateau erzählt eine ungewöhnliche Liebesgeschichte, die darauf verzichtet, die üblichen Stereotype mit den immer gleichen filmischen Mitteln zu wiederholen. Damit gehört der Film zweifelsfrei zu einem der besten französischsprachigen Filme auf der 66. Berlinale.
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